Liebe Freunde,

der deutsche Sozialstaat ist in großer Gefahr. Denn wir befinden uns inmitten einer Phase eines  sozialen, wirtschaftlichen und technologischen Umbruchs, der alle bisherigen gesellschaftlichen Umbrüche in den Schatten stellt. An drei Problemen will ich kurz deutlich machen, was da auf uns zu zurollt.

Erstes Problem: Deutschland wird in einem rasanten Tempo zu einer Altenrepublik mit all den durchschlagenden Konsequenzen für unser Rentensystem.

Nach Jahrzehnten katastrophaler Familienpolitik hat sich die Bevölkerungspyramide auf den Kopf gestellt. Im Jahr 2030 – also bereits in 13 Jahren – werden das erste Mal überhaupt in Deutschland die jüngeren zur Minderheit und die älteren zur Mehrheit werden. Wir werden zu einer Republik der Rentner. Und die muss finanziert werden. In Deutschland steht dafür der Generationenvertrag. Die Berufstätigen finanzieren durch eine direkte Umlage die aktuellen Rentner. 1960 – als die demographische Welt noch im Gleichgewicht war – finanzierten 6 Arbeitnehmer einen Rentner. 1970 waren es bereits nur noch 4. Heute sind es 3 und 2030 werden es nur zwei Arbeitnehmer einen Rentner finanzieren. Und welche Visionen haben die Staatsparteien in ihren Schubläden liegen? Ich kann es Euch sagen: Wir bekommen weniger Rente als bislang; wir zahlen noch höhere Rentenversicherungsbeiträge als bislang; wir arbeiten bis wir 75 sind oder wir müssen noch mehr Zuwanderung aushalten. Aber wollen wir das? Wollen wir weniger Rente? Wollen wir höhere Sozialversicherungsbeiträge zahlen? Wollen wir bis 75 arbeiten? Und wollen wir noch mehr Zuwanderung? Richtig, liebe Freunde, all das wollen wir nicht!

Zweites Problem: Die Familie stirbt aus und mit ihr stirbt eine der tragenden Säulen unserer Zukunft.
Die klassische Familie mit Mann und Frau, die von der Trauung bis zum Lebensende eine Gemeinschaft bilden und zwei Kinder hat, wird seltener. Immer mehr Familien brechen auseinander. Mehr als jede dritte Ehe wird heute wieder geschieden. Die Singlewohnung ist inzwischen der häufigste Haushaltstyp in Deutschland. Zugleich ist Kinderlosigkeit zur Normalität geworden. Und die wenigen, die alleine Kinder großziehen, sind immer häufiger arm dran. 30 Prozent aller Alleinerziehenden – und es trifft fast immer Frauen – sind heute armutsgefährdet. Armutsgefährdet sind auch deren Kinder. Inzwischen wächst hier in Ostdeutschland jedes 5 Kind in einer Hartz4-Familie auf. Für diese Kinder ist der Zoobesuch ein unbezahlbarer Traum und eine Milchschnitte Luxus.

Dieses Elend haben wir den Staatsparteien zu verdanken. Denn die haben in 20 Jahren Herrschaft die Säulen unserer Gesellschaft zerstört; die haben in 20 Jahren Herrschaft ein familienpolitisches Trümmerfeld hinterlassen. Und nun steigt Herr Schulz von der SPD auf genau dieses Trümmerfeld und beschimpft uns als Schande für Deutschland. Uns, die wir nie politisch Verantwortung hatten. Uns, die wir keine Familie an den Rand der Existenz getrieben haben. Uns, die wir keine Armee von Niedriglohnempfängern und Aufstockern geschaffen haben.

Ich sage Ihnen was Herr Schulz: Wir sind keine Schande, sondern die Verteidiger des Volkes gegen peinliche Politclowns wie Sie und Ihresgleichen. Wir sind die Verteidiger Deutschlands gegen die Zerstörer der Zukunft.

Drittes Problem: Der digitale Kapitalismus wird Arbeit und Gesellschaft des 21. Jahrhunderts so gewaltig umpflügen, dass von der alten Welt nicht mehr viel bleiben wird.

Digitalisierung bedeutet nicht das Ende der Arbeit. Aber Arbeit, Arbeitsplätze und Arbeitszeit werden sich dramatisch verändern. An immer mehr Stellen werden Roboter, kluge Maschinen und unermüdliche Automaten menschliche Arbeitskraft ersetzen. Künstliche Intelligenz wird das menschliche Gehirn entlasten. Die Digitalisierung wird Millionen heutiger Jobs überflüssig machen. Laut einer Studie der Universität Oxford sind in den nächsten 15 Jahren 59 Prozent der Arbeitnehmer akut von technologisch bedingter Arbeitslosigkeit bedroht.

Wir spüren das schon heute. Mit dem Online-Banking ist der Bankkaufmann am Schalter verschwunden, mit Opodo, Momondo und booking.com sterben die Reisebüros, Check24 ersetzt ganze Armeen von Versicherungsvertretern, Amazon und Zalando verdrängen die Einzelhändler aus den Ladenzeilen der Kleinstädte, Selbstbedienungskassen ersetzen Kassierer und in nicht allzu ferner Zukunft brauchen Taxis und LKWs keine Fahrer mehr und werden Pakete mit Drohnen geliefert.

Es ist das Wesen von Kapitalismus, dass Maschinen und Computer Menschen ersetzen. Wenn aber immer mehr Automaten Jobs übernehmen und dadurch immer weniger Jobs für Menschen zur Verfügung stehen, werden nicht nur die Schlangen an den Schaltern der Jobcentern länger. Auch die Finanzierung des Sozialstaats wird zunehmend unmöglich. Denn wir, die Arbeitnehmer zahlen Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge für Krankheit, Pflege, Arbeitslosigkeit und Rente. Der Automat oder Roboter zahlt gar nichts. Wenn wir also die Augen verschließen und einfach so weitermachen – und genau das machen die Staatsparteien – verlieren wir morgen Millionen Jobs und übermorgen den gesamten Sozialstaat.

Es gibt hier keine Zweifel mehr. Ohne einen radikalen Schnitt, ohne einen Systemwechsel wird unser Sozialstaat mit voller Wucht gegen die Wand fahren. Und deshalb muss der Sozialstaat des 21. Jahrhunderts radikal neu gedacht werden. Wir brauchen ein System, dass uns wieder Halt und Sicherheit gibt und Freiräume schafft, das transparent ist, das einfach ist, das liberal und das gerecht ist. Und dieses neue System könnte das Bedingungslose Grundeinkommen sein, bei dem jeder Deutsche – vom Säugling bis zum Greis, von der Wiege bis zur Bahre Monat für Monat Geld vom Staat erhält. Und zwar so viel, dass es reicht, um in Würde zu leben.

Ein solches Bedingungsloses Grundeinkommen ersetzt alle bisherigen Sozialleistungen. Gesetzliche Rentenversicherung, Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung, Kindergeld, Sozialhilfe, Wohngeld, Bafög, Elterngeld, Hartz4 usw. – all das würde in Zukunft wegfallen. Die Sozialversicherungen würden allesamt abgeschafft und durch eine einzige Universalleistung ersetzt. Ein Grundeinkommen, ausgezahlt ohne Bedingung, ohne Gegenleistung, ohne Antrag, ohne Bedürftigkeitsprüfung, ohne Kontrollaufwand und damit ohne bürokratischen Aufwand.

Das wäre auch das Ende eines bevormundenden Staates, der staatliche Leistungen an Vorbedingungen wie eine Arbeitsaufnahme knüpft. Das wäre das Ende von Hartz4, von dem Götz Werner, der Gründer der Drogeriemarktkette DM und Unterstützer des Bedingungslosen Grundeinkommens sagt, es sei nichts anderes als offener Strafvollzug. Ja, Hartz4 quält die Menschen und raubt ihnen erst die Freiheitsrechte und dann die Würde. Und jeder, der schon einmal beim Jobcenter saß, der weiß wovon ich rede. Der weiß, das Hartz4 etwas mit einem macht.

Es gibt die Stimmen, die behaupten, mit einem bedingungslosen Grundeinkommen würde ja niemand mehr arbeiten gehen. Für diejenigen ist es ein Schreckgespenst der Arbeitsplatzvernichtung, eine Einladung zum Faulsein und zum Nichtstun.

Aber ist das wirklich so? Im Herbst vergangenen Jahres machte das Forsa-Institut eine repräsentative Umfrage unter deutschen Arbeitnehmern. Die Frage lautete: „Würden sie persönlich aufhören zu arbeiten, wenn Sie ein bedingungsloses Grundeinkommen vom Staat in Höhe von monatlich 1000 Euro bekämen, oder würden sie trotzdem weiter einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollen?“ Da sagten 95 Prozent aller Befragten, ja, sie würden weiterarbeiten. Das zeigt eines. Arbeit ist für die allermeisten mehr als nur Zwang. Arbeit ist für viele eben auch eine sinnstiftende  Aufgabe, die man selbst für Geld nicht unbedingt aufgeben würde.

Meist wird dann noch ein zweites Argument gegen das Bedingungslose Grundeinkommen vorgebracht. Da wird gesagt, das sei ja unbezahlbar. Aber diejenigen scheinen keinen blassen Schimmer zu haben, welche Unsummen der Staat heute schon verschlingt und vor allem wofür.
Der Sozialstaat kostet uns nämlich jährlich knapp 900 Milliarden Euro. Was wird mit diesem Geld gemacht? Ich will Ihnen zwei Beispiele geben.

Das erste habe ich in der Zeit gefunden. „Geldverschwendung in der Familienpolitik“ lautete schon die Überschrift. Da können sie nachlesen, dass allein die Familienpolitik jährlich 200 Milliarden Euro kostet. Was passiert mit dem Geld? Es versickert in einem bürokratischen Dickicht von inzwischen 160 verschiedenen Maßnahmen. Und trotzdem war in Deutschland im letzten Jahr jedes sechste Kind armutsgefährdet. Im Osten – ich habs vorhin gesagt – sogar jedes fünfte.

Das zweite Beispiel konnte  man Ende Februar in der FAZ lesen. Überschrift „Jobcenter verheizen Fördergeld für Arbeitslose“. Da hieß es, dass für die 404 Jobcenter in Deutschland im vergangenen Jahr 5,1 Milliarden allein an Personal und Verwaltungskosten ausgegeben wurden. Da arbeiten 23.321 Mitarbeiter, die 5,1 Milliarden Euro kosten und am Ende Menschen unter Ausnutzung ihrer existenziellen Angst dazu zwingen, irgendeine niedrigbezahlte und niedrigqualifizierte, irgendeine schmutzige und stupide Arbeit anzunehmen. Hauptsache es wird gearbeitet. Kein Wunder, dass 40 Prozent der SGBII-Empfänger eine psychiatrische Erkrankung aufweisen.

Dabei bräuchten wir weder die 160 Maßnahmen in der Familienpolitik, noch die 23.321 Mitarbeiter in den Jobcentern, noch die gesamte Sozialstaatsbürokratie. Denn wenn wir die knapp 900 Milliarden, die wir jedes Jahr für unseren deutschen Sozialapparat bezahlen, auf die 80 Millionen Deutschen verteilen würden, dann könnten wir schon heute jedem einzelnen – von jung bis alt – jeden Monat 1000 Euro direkt auf’s Konto überweisen. Und darüber sollten wir ernsthaft nachdenken. Zumindest sollten wir darüber diskutieren.

Lasst doch den Schulz und die anderen Zerstörer der Zukunft an der Reform der Reform der letzten Hartz4-Reform abarbeiten. Lasst Ihnen die Flickschusterei, die Schräubchendreherei und die Symbolpolitik. Wir werden inzwischen anfangen den Sozialstaat des 21. Jahrhunderts radikal neu zu denken. Ein Sozialstaat ohne Zwang zur Arbeit, sondern mit der Freiheit über den Job selbst zu entscheiden. Ein Sozialstaat ohne Existenzangst, mit kostbarer Zeit für Ehrenamt, Familie und Kinder. Ein Sozialstaat mit Zukunft.

Kundgebung am 13.03.2017 in Ludwigsfelde